Poly Beziehung - eine Liebe ist nicht genug

Bereits in jungen Jahren war ich irgendwie nicht für "normale" Beziehungen geschaffen. Doch was ist schon "normal". In den Augen der anderen, meiner Familie, vieler Freunde und der Dorfgemeinschaft war es meine Lebensweise nicht. Und?
Ein Weg aus Holz mit roten Herzen am Rand

Folgend werden die persönlichen Erfahrungen und Meinungen eines unserer Mitglieder von Viamor.de wiedergegeben...

Bereits in jungen Jahren war ich irgendwie nicht für normale Beziehungen geschaffen. Doch was ist schon normal. In den Augen der anderen, meiner Familie, vieler Freunde und der Dorfgemeinschaft war auf jeden Fall meine Lebensweise nicht normal. Hinter vorgehaltener Hand wurde ich gerne als "Schlampe" bezeichnet, denn es kann ja nicht angehen, dass eine junge Frau mit mehreren Männern, und sogar mit Frauen ein intimes Verhältnis hat. Schon gar nicht zur selben Zeit.

Mit Poly Beziehungen hatte ich mich damals noch nicht befasst und ich denke, ich kannte den Ausdruck auch gar nicht. Es passierte einfach aus dem Bauch heraus. Meine Art, meine ersten sexuellen Erfahrungen zu machen und mich zu finden, war aber für meine Familie der blanke Horror. Ich denke meine Mutter hat zu jener Zeit eine gesamte Kerzenfabrik finanziell subventioniert, da sie garantiert einmal pro Tag einige Kerzen in der Kirche und der Kapelle angezündet hatte um dabei um mein Seelenheil zu beten. Ob es was gebracht hat? Wir sind heute jedenfalls so weit, dass wir uns in die Augen sehen können und dass sie mein extravagantes Leben akzeptiert. Sie hat mittlerweile auch verstanden, dass mich genau diese Poly Beziehung glücklich macht. Und wir haben es sogar bereits einige Male geschafft, dass meine Mutter uns zu Geburtstagen und sogar zu Weihnachten in unserer "Kommune" besucht hat. Und sie hat es überlebt.



Poly Beziehung - wie alles begann


Als Teenager hatte ich natürlich einen Freund und machte die ersten sexuellen Erfahrungen mit ihm. Es war auch ganz nett, doch bereits nach kurzer Zeit etwas unbefriedigend und langweilig. Auf der einen Seite mochte ich den Kerl wirklich gerne und wollte ihn nicht verlieren, auf der anderen Seite aber fehlte mir etwas.
Ich flirtete trotz der Beziehung und küsste auch einige Male fremd. Nach Dorffesten kam es auch einige Male zu einem One-night Stand mit anderen Jungs, was mir nicht den besten Ruf einbrachte. Mit meinem Freund blieb ich aber dennoch zusammen. Ich hatte ihn ja gerne, und er mich auf gewisse Art wohl auch. Er wusste zwar nicht genau, wie er mit meinen Fehltritten umgehen sollte und war zwischen Eifersucht, Trennung, Verzeihen und Verletztheit hin und hergerissen. 

In einer Bar lernte ich etwas später eine junge Frau kennen, in die ich mich so richtig verschoss. Wir flirteten wie wild, küssten uns und verbrachten ein herrlich verbotenes Wochenende zusammen. 
Diese Frau faszinierte mich auf allen Ebenen und natürlich erzählte ich ihr von meiner Beziehung. Sie hatte damit kein Problem und erzählte mir, dass sie selbst ebenfalls eher der Typ für Poly Beziehungen war. Dies war nun auch für mich das erste Mal, dass ich mit diesem Begriff in Berührung kam. 
Sie erzählte mit viel darüber und ich recherchierte später, las mich zu dem Thema ein und plötzlich war es, als wäre ein riesen Fels von meiner Brust geplumpst. Ich erkannte, dass ich doch keine verdorbene Schlampe war, sondern dass diese Art zu leben für manche ein ganz natürliches Bedürfnis ist. Und vor allem erfuhr ich, dass ich nicht alleine war. 
Voll Freude erzählte ich meinem Freund von meiner Erkenntnis. Zu meiner Überraschung war dies jedoch nun der Punkt, an dem er sich endgültig von mit trennte. Er hatte wohl immer gehofft, dass meine Phase irgendwann vorbei sein würde und träumte insgeheim doch von trauter Zweisamkeit, Haus, Garten, Hund, Kind und absoluter Treue.

 Was ich ihm jedoch nun mitteilte, das ließ seine kleine heile Welt erschüttern. Gelegentliche Fehltritte hätte er mir verzeihen können. Mit dem Gedanken, mich auf ewig mit anderen Menschen teilen zu müssen, damit wollte und konnte er sich nicht abfinden. Sicher war ich traurig, aber auf der anderen Seite auch erleichtert, ihn nicht pausenlos zu enttäuschen und zu verletzen. Natürlich hätte ich mich zusammenreissen können und jeder Versuchung widerstehen. Doch bereits da wusste ich, dass mich das nicht glücklich machen würde. Es wäre immer eine Frage der Zeit, bis ich wieder ausbrechen würde. Somit war Trennung zu diesem Punkt garantiert das beste.

Poly Beziehungen - die ersten Schritte


Nun wollte ich jedoch das Parkett der Poly Beziehungen kennenlernen und erforschen. Mit der jungen Frau, die mir damals die Augen geöffnet hatte, traf ich mich immer noch regelmäßig. Wir hatten auch immer wieder sexuelle Kontakte, aber nichts festes. Sie führte mich jedoch in der Szene ein und half mir, erste Kontakte zu knüpfen. Sie verriet mir nicht nur Szene-Lokale, sondern auch Plattformen, auf welchen sich Gleichgesinnte verabreden und treffen konnten. So machte ich hier meine ersten Schritte.



Ich war zu jener Zeit aber immer nur die Affäre. Ich hatte Erlebnisse mit Männer und Frauen. Alles jedoch immer unter dem schützenden Dach der Poly Beziehung. Das hatte den Vorteil, dass hier Eifersucht so gut wie keine Rolle spielte. Mir selbst sind Gefühle wie Eifersucht und Neid ohnehin fremd. Ich musste mir aber auch keine Sorgen machen, dass an der nächsten Ecke ein eifersüchtiger Ehemann oder eine wütende Frau auf mich warten würde.

Poly Beziehung - das Settlen


Ich hatte dann relativ rasch auch eine längere Poly Beziehung. Diese Poly Beziehung bestand aus zwei Paaren und einer weiteren Frau. Die Paare lebten jeweils zusammen, wir Frauen hatten jeder eine eigene Wohnung und dennoch führten wir eine sehr enge und auch harmonische Poly Beziehung. Irgendwie war es letztendlich jedoch nicht meine perfekte Auffassung von Poly Beziehung. In meiner Poly Beziehung wollte ich nicht auf Dauer alleine leben. Ich wünschte mir trotz Poly Beziehung zumindest einen festen Partner oder eine feste Partnerin an meiner Seite. Ich trennte mich schweren Herzens von meiner bisherigen Poly Beziehung. Wir blieben jedoch Freunde und auch in Kontakt und treffen uns auch heute noch, jedoch lediglich als platonische Freunde.

Auf einer Single Plattform lernte ich nach einiger Zeit eine Frau kennen. Wir schrieben wochenlang hin und her, bis wir uns das erste Mal trafen. Wir hatten ähnliche Vorstellungen und Vorlieben und so war es kein Wunder, dass der Blitz einschlug, als wir uns das erste Mal gegenüber standen. Es ging auch alles relativ schnell und wir zogen zusammen. Wir hatten ja die letzten Wochen gefühlt unser ganzes bisheriges Leben und all unsere Gedanken, Wünsche und Ziele voreinander ausgebreitet.  Ebenfalls online lernten wir später ein weiteres lesbisches und ein heterosexuelles Paar kennen. Mit diesen beiden Paaren gingen wir zuerst eine sporadische sexuelle Beziehung und schließlich eine richtige Poly Beziehung ein. Die zwei Frauen leben auch heute noch mit uns in einer Poly Beziehung. Ab und an schließen sich uns auch andere Männer oder Frauen an.



Heute leben wir immer noch in einer glücklichen Poly Beziehung und träumen von einem Bauernhof, auf dem Platz für uns alle ist. Der große Vorteil einer Poly Beziehung für mich ist, dass man wirklich für sämtliche Bedürfnisse eine vertraute Person hat. Daher muss man nicht fremd gehen und Dramen und Eifersucht sind Themen, die zumindest bei uns nicht vorkommen. 
Autor*in: Anonymes Mitglied von Viamor

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